Gemeinsame Pressemitteilung
Die drei Nichtraucherorganisationen – Forum Rauchfrei, Nichtraucherschutzverband Deutschland e.V. und Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V. – fordern anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai eine Zeitenwende in der Tabakpolitik. Deutschland darf nicht mehr länger europäisches Schlusslicht bei der Tabakprävention und ein Lobbyparadies für die Tabakindustrie sein. Die massiven gesundheitlichen, ökologischen und gesamtgesellschaftlichen Schäden durch Tabakkonsum erfordern ein schnelles und entschlossenes Gegensteuern in Form einer strengen Regulierung der Tabakindustrie und konsequentem Nichtraucherschutz.
Wirksame Tabakprävention bedeutet auch Umwelt- und Klimaschutz
Tabakprodukte töten nicht nur Menschen, sondern schädigen auch stark die Natur und das Klima. Über die gesamte Produktionskette des Tabaks hinweg entstehen verschiedenste Formen von Umwelt- und Klimaschäden. In Deutschland werden geschätzte 57 Milliarden Zigarettenkippen pro Jahr unsachgemäß in die Umwelt geworfen. Kippen sind weltweit einer der am häufigsten gefundenen Müllgegenstände. Durch die zahlreichen darin enthaltenen Giftstoffe stellen sie eine große Gefahr für Lebewesen im Boden und Wasser dar. Schon eine Kippe reicht, um bis zu 60 Liter Grundwasser zu verseuchen. Tabakanbau führt zu Bodenerosion, Gift in den Böden, Abholzung, Artensterben und Wasserverschmutzung. Um eine Tonne Rohtabak zu erzeugen, werden knapp 3000 Kubikmeter Wasser benötigt. Bei der Trocknung des Tabaks werden beträchtliche Mengen an wertvollem Holz verbrannt, was zu massiver Abholzung und klimaschädlichen Emissionen führt. Dem Tabakanbau und der Tabaktrocknung fallen jedes Jahr weltweit 600 Millionen Bäume zum Opfer. Tabakprodukte verursachen über die gesamte Lieferkette hinweg so viele Treibhausgase wie ein kleines Industrieland – und das alles für ein Produkt, das nicht nur nutzlos ist, sondern jedes Jahr über 8 Millionen Menschenleben kostet.
Tabakprävention stellt also nicht nur einen großen Dienst an der Gesundheit aller dar, sondern bedeutet auch einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Das Bündnis fordert die umgehende Einführung einer Umweltabgabe zur vollständigen Kompensation der durch Zigarettenkippen und neuartige Nikotinprodukte verursachten Schäden. Das rücksichtslose und umweltzerstörerische Verhalten der Tabakindustrie darf nicht mehr länger hingenommen werden. Das Verursacherprinzip muss gelten.
#ZigarettenautomatenAbschaffen und vollständiges Tabakwerbeverbot!
Seit Anfang des Jahres ist Tabakaußenwerbung für Zigaretten in Deutschland verboten. Zigarettenautomaten stellen per Definition der WHO eine Form der Tabakwerbung dar und sind daher aus Sicht des Bündnisses illegal. Wir fordern, Zigarettenautomaten durch eine Änderung des Jugendschutzgesetzes ausnahmslos und mit sofortiger Wirkung abzuschaffen. Ein Automatenverbot würde in erster Linie Kinder und Jugendliche schützen, die die bestehenden Alterskontrollen leicht umgehen können. Unter dem #ZigarettenautomatenAbschaffen fordern bereits jetzt Tausende Bürger:innen ein Automatenverbot auf Social Media.
Auch die optische Aufmachung von Zigarettenschachteln ist eine Form von Werbung, die durch die verpflichtende Einführung von Einheitsverpackungen verboten werden sollte.
Die Bündnisorganisationen fordern generell, Werbung, Promotion und Sponsoring für Tabak- und Nikotinprodukte in jeder Form vollständig zu verbieten. Es ist vollkommen unverständlich, warum für ein Produkt, das bei bestimmungsmäßigem Gebrauch rund die Hälfte aller Konsumierenden tötet und für rund 14 Prozent aller Todesfälle in Deutschland (127.000 Tote) verantwortlich ist, immer noch geworben werden darf – zumal eine große Mehrheit der Bevölkerung ein Tabakwerbeverbot seit langem klar befürwortet.
Konsequenter Nichtraucherschutz heißt weniger Luftverschmutzung und weniger Passivrauchtote
Der Nichtraucherschutz in Deutschland ist völlig unzureichend und gleicht einem Flickenteppich aus 16 unterschiedlichen Landesgesetzen. Nur die drei Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Saarland und Bayern gewährleisten bisher einen ausreichend guten Schutz vor Passivrauchen in Innenräumen. In allen anderen Bundesländern ist die Situation aufgrund weitreichender Ausnahmen vom Rauchverbot und Probleme bei der Durchsetzung unzureichend. Besonders heftige Missstände existieren beispielsweise in Berlin, wo das Nichtraucherschutzgesetz in vielen Bars und Clubs systematisch, und offenbar staatlich geduldet, missachtet wird. Dabei ist wissenschaftlich seit langem klar: Jeder Atemzug in verrauchten Innenräumen schädigt die Gesundheit. Noch immer sterben jedes Jahr Tausende Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Der Staat verletzt hier eindeutig seine Schutzpflichten. Wissenschaftlich besteht Einigkeit darüber, dass Raucherräume keinen Schutz vor Passivrauchen gewährleisten, da der Rauch immer auch in den Nichtraucherbereich zieht. Aufgrund der lückenhaften Nichtraucherschutzgesetze wird den Angestellten in der Gastronomie bisher ein wirksamer Arbeitsschutz verweigert. Die Ausnahmen im gesetzlichen Arbeitsschutz für „Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr“ verstoßen eindeutig gegen den Gleichheitssatz im Grundgesetz. Hier bedarf es einer umgehenden Anpassung.
Es ist darüber hinaus völlig unverständlich, warum bis heute kein Rauchverbot im Auto im Beisein von Minderjährigen und Schwangeren umgesetzt ist. Eine entsprechende Gesetzesinitiative wurde bereits Anfang der 1990er Jahre vom Land Baden-Württemberg eingebracht.
Das Bündnis fordert zudem einen besseren Nichtraucherschutz unter freiem Himmel. Studien haben längst gezeigt, dass das Rauchen an vielfrequentierten Orten, wie etwa Biergärten, Spielplätzen, Fußballstadien oder Einkaufsmeilen erheblich zur Luftverschmutzung beiträgt und damit Krankheiten befördert. Besonders für Familien mit Kindern ist das ein großes Problem. Deutschland sollte sich an Ländern wie Schweden, Kanada oder Australien ein Beispiel nehmen, wo Rauchverbote für die Außengastronomie, Parks oder Freibäder längst Realität sind.
Deutschland hat sich 2004 mit der Ratifizierung des WHO-Tabakrahmenübereinkommen zu einem konsequenten Nichtraucherschutz und weitreichenden Tabakkontrollmaßnahmen verpflichtet. Im europäischen Vergleich steht Deutschland ausgesprochen schlecht dar. Auf der Europäischen Tabakkontrollskala belegt Deutschland mittlerweile den letzten Platz. Ein inakzeptabler Zustand, der sich dringen ändern muss. Deutschland darf nicht länger das internationale Sorgenkind beim Nichtraucherschutz und der Tabakprävention bleiben.
Das Kampagnenbündnis aus Forum Rauchfrei, Nichtraucherschutzverband Deutschland e.V. (NRSV) und Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V. versteht sich als überparteilicher Interessenzusammenschluss nichtrauchender Menschen, wie auch als politische Lobbykraft für eine effektive Tabakprävention. Ziel des Bündnisses ist ein konsequenter Nichtraucherschutz sowie eine wissenschaftsbasierte und menschenrechtsorientierte Tabakkontrollpolitik.
Pressekontakt:
Nichtraucherschutzverband Deutschland e.V.:
Rainer Nickel, Tel. 089 20931224, rainer.nickel@nr-sv.de
Forum Rauchfrei:
Johannes Spatz, Tel. 0176 24419964, aktionszentrum@forum-rauchfrei.de
Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg e.V.:
Wolfgang Behrens, Tel. (030) 2044583, info@nichtraucherbund.de