Quo vadis, Baden-Württemberg?
Gibt es noch eine Chance für „echten“ Nichtraucherschutz im „Musterländle“? Aus der Wahl im März gingen die Grünen gestärkt hervor, die CDU geschwächt. Die Haltung der Fraktion und das Wahlprogramm der Grünen in BW geben Grund zur Hoffnung, dass der Vorstoß zur Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes durch Minister Lucha (2019) auch in den kommenden Koalitionsgesprächen wieder aufgegriffen werden wird. Die Frage wird sein, ob die CDU sich diesmal von wirtschaftsnahen Lobby-Einflüssen befreien kann und sich auf ihre „christlichen“ Werte, die Meinung der großen Mehrheit ihrer eigenen Mitglieder, die konsequente Haltung ihrer ehemaligen Ministerin Dr. Stolz und auf ihren Anspruch auf „Mustergültigkeit“ ihrer Gesetze zurückbesinnt.
Zu wünschen wär‘ es der Bevölkerung des drittgrößten Bundeslandes auf jeden Fall. Im August 2007 noch mustergültig vorangeschritten, die damals niedrigsten Raucherzahlen der Republik im Rücken, so hat das „Ländle“ mittlerweile eines der schlechtesten und wirkungslosesten Nichtraucherschutzgesetze in ganz Deutschland zu bieten. Auf dem deutschlandweiten Nichtraucherschutz-Ranking belegt Baden-Württemberg den letzten Platz. Die zahlreichen Ausnahmen in Bierzelten, Kneipen und Nebenräumen sorgten zu gravierenden, mehrfach in Evaluationen belegten Vollzugs- und Umsetzungsproblemen in der Gastronomie. Durch Verstöße und legale Ausnahmen in Diskos und Clubs ist 92 % der jungen Partygänger rauchfreies Tanzen und Feiern bis heute nicht möglich! Eigentlich ein Skandal.
Die Diskrepanz zwischen dem was möglich wäre und dem was die Politik im Land aus unbegründeten Ängsten heraus und trotz zahlreicher Versprechungen und Sonntagsreden beharrlich nie nachgebessert hat – sie könnte in dem Thema in Deutschland nicht größer sein.
Sollte sich daran auch in der dritten Amtszeit eines Grünen Ministerpräsidenten nichts mehr ändern, so wäre das wirklich außerordentlich enttäuschend und ein trauriges Ergebnis für die Menschen in Baden-Württemberg.
Wir fordern:
– Die Streichung aller Ausnahmen und Lücken aus dem Landesnichtraucherschutzgesetz und damit die Anhebung des Schutzniveaus auf die erfolgreichen Beispiele NRW, Saarland und Bayern.
– Darüber hinaus die Schaffung von rauchfreien Außenbereichen, überall dort wo Menschen nur schwer ausweichen können. Dies betrifft vor allem die Außengastronomie (Terrassen, Biergärten, etc.), Liegewiesen in Freibädern, Eingänge von öffentlichen Gebäuden, Parks und Kinderspielplätze.
Weitere Informationen:
Sozialministerium (2014) – Evaluation zur Umsetzung des LNRSchG
DKFZ (2013) – Mangelhafter Nichtraucherschutz und Gesetzesverstöße in Diskotheken in BW
DKFZ (2013) – Nichtraucherschutz in BW: Gesetzeslücken und Schadstoffbelastung durch Tabakrauch
SWR (2019) – Interview mit Gesundheitsminister Lucha zu Rauchverbot